Noch nie gab es so viele Neugründungen und Start-Ups wie heute. Menschen trauen sich zunehmend mehr ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Oft wird jedoch bei der Neugründung der Schwerpunkt direkt in die Maßnahmen gelenkt und eine Website in Auftrag gegeben. Der Markenaufbau und die Markenführung geraten vor lauter Euphorie oft in den Hintergrund. Umso bedeutender wird das Thema Positionierung. Wir freuen uns, dass wir heute die Einschätzung und Meinung einer Marken-Expertin bekommen, die tagtäglich mit Start-Ups zusammenarbeitet und die Positionierung als tägliches Tool anwendet. Ein Gastbeitrag von Insa Horsch, Gründerin und Geschäftsführerin der Open Kitchen – die Agentur mit Gründergeist.
Insa hat mehr als ein Jahrzehnt Erfahrung im klassischen FMCG Marketing und war danach selbstständig in der Start-Up-Beratung. Mit Gründung der Open Kitchen verknüpft sie nun das Beste aus beiden Welten. Mit ihrer inspirierenden Macherinnen-Mentalität ist sie die richtige Ansprechpartnerin sowohl für StartUps als auch etablierte Unternehmen rund um das Thema, Innovation, Gründung, Markenaufbau und Kommunikation.
Immer wieder werde ich gefragt, was macht ein gutes Positioning aus? Und ich antworte gerne mit einem Zitat: „Menschen mit Zielen sind erfolgreich, weil sie wissen wohin sie gehen. So einfach ist das!“ (Earl Nightingale). Genauso ist das mit einem profilscharfen Positioning.
Wir leben in einer komplexen Zeit mit einem Überangebot an Produkten. Toll für Kund*innen einerseits die Wahl zu haben, auch wenn es Verbraucher*innen da draußen mittlerweile stark überfordert, andererseits herausfordernd für die Unternehmen. Der Druck nimmt zu, Märkte sind gesättigt – ohne eine durchdachte Positionierung ist ein Durchkommen aus meiner Sicht gar nicht mehr möglich.
Was ist eine Positionierung? Der Name gibt es schon vor. Eine Positionierung ist wie eine Art Kompass – sie legt die Position eines Produktes im Markt ganz genau fest. Dadurch weißt du in welche Richtung die Reise eines Unternehmens oder eines Produktes gehen kann und du kennst die Stärken des Produktes. Im Idealfall gibt es wenig Alternativen und das Produkt grenzt sich deutlich von seinen Wettbewerbern ab. Fischen zu viele Fische im gleichen Teich – empfehle ich dir grundsätzlich das Produkt neu zu überdenken.
Das Positioning ist wie eine Absprungrampe, woraus sich alle Marketing Maßnahmen definieren und ableiten lassen. Ohne Positioning kein Fahrplan. Ich fange kein Projekt an, ohne das Positioning erarbeitet zu haben. Und das empfehle ich auch all meinen Kund*innen. Das bedeutet zwar anfangs etwas mehr Aufwand – aber das zahlt sich am Ende immer aus.
Es existieren eine Vielzahl an Positionierungs-Modellen. Unilever benutzt z.B. den Brand Key, Simon Sinek den „Golden Circle“ oder es gibt das Markensteuerrad nach Esch und eine Vielzahl mehr. Wir arbeiten anders und machen es gerne im Kitchen Way und haben unser eigenes Positionierungs-Modell entwickelt. Gerade im Start-Up Business ist es besonders wichtig mit einem Positioning zu arbeiten, welches simpel, schnell und plakativ aufgebaut ist. Das Open Kitchen Modell setzt einen klaren Fokus – ermöglicht die Konzentration auf das Wesentliche. Nur der Blick für das Wesentliche sorgt für ausreichend Impact. Und genau das ist die Kunst. Ganz nach dem Motto: Open the door for more relevance.
Was ist entscheidend beim Positionieren? Ich stelle dir einmal die wichtigsten Erfolgshebel für gute Positionierungsarbeit vor. Dafür gibt es aus meiner Sicht fünf – wir bezeichnen sie als die fünf P’s.
Nur wenn du mit deinem Produkt ein relevantes Problem beim Konsumenten löst, hast du eine Chance auf Erfolg. Wir unterscheiden hier zwischen physischen, psychischen und sozialen Pain Point. Es wird nur der festgehalten, der die höchste Relevanz hat. Das meinen wir mit Fokus. Viele Positionierungs-Modelle sind zu komplex. Und bilden alle Pain Points ab. Ich bin ein großer Befürworter von Vereinfachung. Keep it simple but relevant.
Es ist gar nicht so leicht die Leistung des Produktes in einem Satz zu schreiben. Viele meiner Kund*innen schreiben oft eine Vielzahl an Vorteilen auf. Aber welcher davon ist wirklich der Relevanteste? Darauf kommt es an. Weniger ist mehr. Wichtig ist immer Bezug auf das Problem zu nehmen. Wie löst das Produkt das in #Step1 beschriebene Problem. Die Antwort darauf ist die Leistung deines Produktes. Ergänzt wird das Leistungsversprechen durch Proofs. Wie kannst du dein Leistungsversprechen proofen. Schreibe die Top 4 auf.
Das ist wohl die Königsdisziplin beim Positionieren. Warum gibt es deine Marke? Was ist der Zweck, die Bestimmung deines Produktes – der tiefere Sinn. Wir haben uns ganz bewusst für das Bild einer Avocado entschieden, weil der Kern symbolisch für den Purpose einer Brand steht und damit zum Mittelpunkt des Modells wird. Dieser Satz ist das Herzstück der Marke und sollte dich inspirieren. Ich spüre immer die Kraft eines Purpose, wenn automatisch Bilder in meinem Kopf entstehen. Beispiele für einen starken Brand Purpose sind:
Mir persönlich liegt das Thema, wie wir in Zukunft 10 Milliarden Menschen, nachhaltiger ernähren wollen, sehr am Herzen. Bislang habe ich kein Positionierungs-Modell gesehen, welches das Thema Nachhaltigkeit als festen Bestandteil mit aufgenommen hat. Das wollen wir in der Open Kitchen ändern. Aus meiner Sicht ist das in der heutigen Zeit gar nicht mehr wegzudenken. Jedes Unternehmen, welches ein neues Produkt heute auf den Markt bringt, sollte den Punkt der Nachhaltigkeit als feste DNA in seiner Produkt Konfiguration bedenken. Wenn wir über unseren Business Builder Growth Dock in Start Ups investieren, berücksichtigen wir das immer: Wir unterstützen Gründer dabei ökonomische und ökologische Aspekte im Geschäftsmodell gleichwertig mitzudenken und fortschrittlich innovativ zu berücksichtigen. Impact statt Exit.
Im Step 4 „Care about your Planet” gilt es sich zu fragen, was kann dein Unternehmen für einen positiven Beitrag für den Planeten leisten. Natürlich sollte es zu deinem Produkt und Unternehmen passen, relevant für den oder die Verbraucher*in sein und ganz wichtig: glaubwürdig vom Unternehmen gelebt werden. Verbraucher*innen erkennen Alibi-Veranstaltungen und nehmen das sehr übel.
Unser letzter Erfolgshebel heißt Pressure. Wie erzeugst du Reibung? Welche Haltung soll dein Unternehmen einnehmen? Womit kreierst du Auseinandersetzung? Mit dem Pressure Point checken wir frühzeitig, welche Reibungsfläche das Produkt vorweist um profilscharf und vor allem ein Game Changer im Wettbewerbsumfeld zu sein. Viele arbeiten hier mit dem Discriminator. Das sind die Unterscheidungsmerkmale, die ein Unternehmen oder ein Produkt vorweist, im Vergleich zum Wettbewerber. Wir gehen bewusst noch einen Schritt weiter und geben dem Discriminator eine Bedeutung. Was macht dich anders als deine Wettbewerber und welche Bedeutung hat das? Das formulieren wir in einem knackigen Satz. Das hilft uns ungemein später in der kommunikativen Ausrichtung und es macht sehr viel Sinn das frühzeitig zu definieren. Je klarer das Bild deines Unternehmens oder deiner Marke um so besser.
Wenn Du Deine Positionierung nach diesen Aspekten klar definiert hast, wirst du merken, dass du eine Orientierung erhältst, dir dein Marketing im Unternehmen leichter fallen wird und du genau weißt, wer deine Zielpersonen sind.
Ich kann nur aus Erfahrung sagen, sei mutig, nimm dir die Zeit diese grundlegende Arbeit zu machen und wenn du Fragen hast, komm gerne auf ein Franzbrötchen in der Open Kitchen vorbei.
Fotocredit: Indra Ohlemutz – io-fotografie