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Magazin21
nushu rainbow7 min read

Interview mit “nushuvention”-Speakerin Nicole Brandes

“Selbstbewusstsein ist die eigene Superpower. Darin liegt die große innere, unschlagbare Kraft.”

Du bist Expertin des Zukunftsinstituts und sprichst auf unserer ersten Female Business Konferenz über die Kraft weiblicher Führungskompetenzen. Sind diese Führungskompetenzen deiner Meinung nach die Zukunft?

In diesen Zeiten, in denen alles Vertraute wegbricht, wird der Mensch mehr denn je auf sich selbst zurückgeworfen. Das lösen wir nicht mit harten Faktoren. Das haben wir in der Pandemie stark erlebt. Jetzt sind mehr denn je die weichen, menschlichen Kompetenzen gefragt – von beiden: Mann wie Frau.

Du sprichst in einem deiner Vorträge über deine eigene inspirierende Lebensgeschichte. Kannst du uns einen kurzen Einblick in deine Geschichte geben?

Es geht dabei nicht nur um mich, sondern um die Zuhörer*innen. Ja, es ist meine Geschichte, die ist individuell. Aber es geht um die urmenschlichen Themen und die sind universell: wie wir laufend vom Leben in die Knie gezwungen werden; wie wir uns von unseren Ängsten befreien können; und wie wir trotz harten Gegenwinden uns selbst übertreffen und ungeahnte Höhen erreichen können. Das habe ich selbst erlebt. Ich kam von nichts und durfte und darf bis heute mit einer Weltelite arbeiten. Wenn ich das kann, können andere das erst Recht. Ich möchte Menschen, insbesondere Frauen, ermutigen, sich selbst niemals zu unterschätzen und wenn sie zweifeln müssen, dann bitte höchstens an ihren Grenzen!

In deinem neu aufgelegten Bestseller “Weiblich, Wild & Weise” schreibst du davon, dass Selbstvertrauen und Selbstsicherheit die Basis für Erfolg und ein erfülltes Privatleben sind. Wie kommen wir dahin?

Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Das klingt etwas trivial, ist aber sehr bedeutsam: Selbstvertrauen bedeutet: “ich kann das” – ich beherrsche etwas, zum Beispiel Skifahren. Das gibt mir Selbstsicherheit, wenn ich eine schwarze Piste runtersausen will. Selbstbewusstsein heißt: “ich bin das”. Aber wer bin ich denn? Die meisten Menschen haben nur eine vage Antwort auf die Frage. Sich dieser zu widmen und sich seiner selbst bewusst zu werden, ist enorm wertvoll. Selbstbewusstsein ist die Superpower. Darin liegt die große innere, unschlagbare Kraft.

“Die Erfolgsformel, um das eigene Selbstwertgefühl auszubauen? Das Selbstbewusstsein für den Selbstwert entwickeln, Powergaps schließen, Kraftquellen aktivieren.”

Du sagst, dass man sein Selbstwertgefühl in ein paar Schritten ausbauen kann. Welche Schritte sind das?

Ein positives Selbstwertgefühl ist die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches, erfülltes Leben. Egal wo jemand im Leben steht, da gibt es immer Luft nach oben. Der Mensch ist ja kein fertiges Produkt. Zusammengefasst geht es darum das Selbstbewusstsein für sich selbst zu erweitern, Powergaps abzubauen und Kraftquellen zu aktivieren. Klingt einfach, ist aber anspruchsvoll. Und allein ist es fast nicht möglich. Wir kreisen ja innerlich immer um die eigenen Themen. Eine professionelle Außenperspektive bringt viel schneller Durchrüche. Wir können uns selbst ja nicht auf den Kopf schauen. (Wer sein Selbstwertgefühl verbessern will: Eine Kollegin veranstaltet am 6. Oktober einen Tageskurs zu diesem Thema durch und ich werde die Trainerin sein).

Du sagst die Leader*innen von morgen sollten sinn- und wertebasiert führen, damit Menschen ihnen folgen, weil sie wollen und nicht weil sie sollen. Was bedeutet das genau?

Stell dir jemanden vor, der dich inspiriert und beflügelt. Solche Personen sind mehr als einfach nur eine starke Persönlichkeit. Sie sind wahrhaftig und echt. Mit einem Anliegen, das tief aus ihrem Inneren kommt. Das ist nicht laut aber trotzdem spürbar. Weil diese Menschen wissen, wer sie sind und was sie wollen – und das aus integrer Motivation und nie auf Kosten anderer. Nichts ist anziehender als jemand, der bei sich ist und ein Anliegen hat, das über die eigene Person hinausweist. Das inspiriert, berührt und motiviert. Motivation kommt wie Emotion von “Movere”, also “bewegen”. Dann folgen Menschen nicht, weil sie müssen, sondern weil sie bewegt sind.

“In der Führung geht es um das Menschliche, nicht um Prozesse und Strukturen. Das muss man trainieren und sich aneignen. Das ist anspruchsvoll, aber sehr, sehr mächtig – und beglückend.”

Wie unterscheidet sich der Führungsstil von Männern und Frauen? Geht Frauen eine sinn- und wertebasierte Führung leichter von der Hand?

Führung ist zuerst einmal eines: persönlich und individuell. Wenn wir von Unterschieden sprechen müssen, dann gern vorsichtig. Tendenziell interessieren sich Frauen weniger für die Macht an der Spitze, sondern mehr für das Wohlbefinden des Teams und der Kund*innen. Seit Jahrtausenden haben Frauen Gruppen zusammengehalten, während die Männer jagen gingen.

Eine deiner Thesen ist, dass ethisches Handeln zum nachhaltigen Erfolg führen kann. Was verstehst du unter ethischem Handeln und warum ist es deiner Meinung nach so zentral?

Ein kurzer Versuch auf eine komplexe Frage, auf die es abendfüllende Antworten gibt: heute ist das Unmögliche möglich. Das heißt noch lange nicht, dass es auch richtig ist, es zu tun. Jeder Mensch ist mit einer inneren Instanz geboren, die genau weiss, was richtig ist und was nicht. Wir müssen Ethik aus der Ecke des erhobenen Fingers herausholen. Matthias Horx hat das mal so schön gesagt: “Ethik ist ‘a way of life’”. Auf diese innere Instanz zu hören bringt uns zurück zum Wesentlichen: dem Wesen des Menschen und was ihm entspricht. Wir brauchen Zugehörigkeit, Anerkennung und Liebe und einen intakten Planeten – ungeachtet allen Fortschritts. Das sicherzustellen ist eine unserer Hauptaufgaben.

Du warst selbst Dozentin an der HSG Universität St. Gallen und hast dort Studierenden zukunftsorientierte Führungs- und Kollaborationskompetenzen vermittelt. Wird die sogenannte Gen Z deiner Meinung nach anders führen als vorangegangene Generationen?

Natürlich! Jede Generation hat ihre Eigenheiten und wird vom Zeitgeist geprägt. Und trotzdem geht es immer wieder um das Gleiche in der Führung: Menschen, Orientierung, Anerkennung, Mitgefühl, Befähigung und Inspiration.

Was rätst du Menschen, die unglücklich im Job sind?

Den Mut zu haben, das anzupacken. Nicht in der Misere stecken bleiben und andere dafür verantwortlich machen. Das ist Zeitverschwendung. Es mag äußere Rahmenbedingungen geben, die nicht optimal sind, wie ein schwieriger Chef oder zu wenig Mitbestimmung. Aber wir wissen, dass der Change bei uns selbst beginnt. Professionell vorgehen: Sich einen Profi an die Seite holen. Weil: Transformation allein ist schwierig. Und sich aus dem Sog des Hamsterrads zu befreien, braucht Effort.

Verstehst du dich selbst als Feminstin?

Dazu müssten wir uns erst darüber unterhalten, was das Wort für euch bedeutet. Ich unterstütze Menschen. Und das aus tiefstem Herzen. Wir Frauen bekommen immer mehr Einfluss in Wirtschaft, Politik und Kultur – aber immer noch viel zu langsam. Gesellschaftliche Umschwünge dauern. Dafür können wir etwas tun. Da bin ich voll dabei. Aber lasse ich mir trotzdem von einem Mann die Türe aufhalten und in den Mantel helfen? Gern! Das hat für mich mit Wertschätzung und nichts mit Gleichberechtigung zu tun.

Welche drei Top Tipps hast du für nushus, die mit deinem weiblichen Leadership-Prinzip einen neuen Weg der Führung gehen wollen?

Ich habe weniger Tipps dafür aber Wünsche:

  1. Führung in einem Gesamtkontext sehen: Führung ist eine Haltung. Es geht zuerst einmal um Lebensführung. Wir sind Vollzeitmenschen und Lebensunternehmer*innen bevor wir Expert*innen und Leistungserbringer*innen sind.
  2. Zur Erinnerung: in der Führung geht es um das Menschliche, nicht um Prozesse und Strukturen. Das muss man trainieren und sich aneignen. Das ist anspruchsvoll, aber sehr, sehr mächtig – und beglückend.
  3. Starke, wirkungsvolle Führung beginnt bei einem Ort: sich selbst. Wenn Sie beginnen gekonnt, authentisch zu führen, dann shiften Sie nicht nur vom Experten zur Persönlichkeit sondern zu einer natürlichen, inspirierenden Autorität.

Blickst du als Expertin des Zukunftsinstituts eher in die Zukunft oder die Vergangenheit?

Ich glaube, in fast jedem Kontext macht ein Rückblick Sinn für eine gute Bestandsaufnahme und um sich einen Überblick zu verschaffen. Das bedeutet aber nicht, dass der Überblick Teil für die künftige Lösung ist. Mein Thema ist der Mensch. Ich arbeite nicht vergangenheits- und problemorientiert, sondern zukunfts- und lösungsorientiert. Trotzdem werfe ich auch einen Blick auf das, was war. In manchen Fällen braucht Zukunft wirklich Herkunft.
Auch im Zukunftsinstitut beschäftigen wir uns mit der Frage, welche Trends unsere Gegenwart prägen und welche Rückschlüsse sich daraus für die Zukunft ableiten lassen. Wichtig ist, die Zukunft nicht als starre Fortschreibung der Vergangenheit zu sehen, hier hilft der Blick auf die Megatrends, sowie die Anwendung unserer Tools und Methoden.

Welche Erkenntnis hättest du im Leben gerne früher gehabt?

Ich bin tatsächlich ein Erkenntnis-Junkie! Erkenntnisse befeuern und beflügeln mich. Also könnte ich sagen: ALLE! :-) Aber wenn es um eine einzige nennenswerte geht, die ich jedem so früh wie möglich ans Herz legen möchte, dann ist es diese: Selbstbewusstsein ist deine Superpower. Jeder Mensch ist im Kern pure Möglichkeit. Diese auszuschöpfen passiert nicht einfach – man muss dafür schon was tun. Da liegt die ganze Kraft und Magie, das Glück und die Erfüllung. Das wünsche ich jeder und jedem.

Unsere Buchempfehlung für dich:

„Weiblich, wild und weise“ von Nicole Brandes

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