Lebensläufe wie der von Nicola Winter beeindrucken. Eurofighter-Pilotin, Astronautin in Reserve, Rettungshubschrauberpilotin, Keynote Speakerin – jede einzelne Station klingt nach Erfolg, Disziplin, außergewöhnlicher Zielstrebigkeit. Man möchte wissen, wie man so weit kommt. Welche Eigenschaften, welcher Mut, welche Entscheidungen dahinterstehen.
Doch als wir Nicola Winter zum Vorgespräch für diese Podcastfolge treffen, winkt sie ab. „Ja, alles schön und gut“, sagt sie und lächelt. „Aber weißt du, worüber ich wirklich gerne mal in einem Podcast sprechen würde? Über Vereinbarkeit.“
Ein Satz, der hängen bleibt. Weil man ihn von einer Frau mit diesem Lebenslauf nicht erwartet. Und weil er zeigt, dass selbst an der Spitze die gleichen Fragen zählen, die viele Frauen jeden Tag beschäftigen: Wie lässt sich beruflicher Anspruch mit Familie verbinden, ohne sich selbst dabei zu verlieren?
Das Beeindruckende an Nicola: Sie spricht über Vereinbarkeit, ohne zu klagen. Kein Jammern über Strukturen, kein Aufrechnen von Belastung. Stattdessen Pragmatismus und Klarheit. „Ich habe gelernt, mich auf das zu konzentrieren, was ich selbst kontrollieren kann“, sagt sie. „Alles andere kostet nur Energie.“
So wird aus einem vermeintlichen Frauenthema plötzlich eine Haltungsfrage. Vereinbarkeit, das zeigt sie, beginnt nicht bei der Kita, sondern am Küchentisch. Bei der Partnerwahl, in der inneren Einstellung, im Blick auf sich selbst.
„Mit dem richtigen Partner wird das Leben besser. Mit dem falschen so viel beschissener“, sagt sie trocken. Und genau das ist für sie die wichtigste Entscheidung des Lebens. Nicht der Job, nicht das Gehalt, nicht der Wohnort – sondern die Person, mit der man ihn teilt.
Denn Vereinbarkeit ist kein logistisches Problem, sondern eines von Verantwortung. Wer sich ernsthaft Gleichberechtigung wünscht, muss sie zu Hause leben. „Ich habe meinen Mann ordentlich gedrillt“, erzählt sie lachend. „Am Anfang war es hart, aber heute funktioniert es. Fifty-fifty. Alles andere geht nicht.“
Ein weiteres ihrer überraschenden Statements: „Ich bin faul.“
Was sie damit meint, ist Effizienz. Nicola hat eine tiefe Abneigung gegen überflüssige Arbeit. „Ich sehe keinen Sinn darin, Arbeitszeit zu kontrollieren. Mich interessieren Ergebnisse.“ Sie glaubt, dass Führung nur funktioniert, wenn man Vertrauen schenkt – und dass Mütter deshalb oft die besten Mitarbeiterinnen sind.
„Mütter sind extrem ergebnisorientiert“, sagt sie. „Sie wissen, was zählt, und lassen sich nicht in sinnlose Meetings ziehen.“ Diese Haltung bringt sie in ihrer Führungsarbeit ebenso ein wie im Cockpit eines Rettungshubschraubers: Prioritäten setzen, klar denken, keine Energie verschwenden.
Eine weitere Erkenntnis, die hängen bleibt: Nicola erzieht ihre Tochter bewusst anders. „Ich sage ihr nicht, dass sie alles schaffen kann. Kinder glauben das sowieso. Die Welt wird sie irgendwann kleinmachen – deshalb mache ich sie jetzt lieber ein bisschen zu groß.“
Es ist ein Satz, der tief blicken lässt. Denn er zeigt, wie sehr Nicola Vereinbarkeit auch als Generationenprojekt versteht. Sie will nicht nur für sich selbst Strukturen verändern, sondern für die, die nach ihr kommen.
Vielleicht liegt genau darin die Faszination dieses Gesprächs: Nicola Winter ist nicht nur jemand, der fliegt – sie ist jemand, der die Perspektive wechselt. Sie redet nicht über Erfolg, sondern über Sinn. Nicht über Perfektion, sondern über Wirkung. Und sie schafft es, komplexe Themen mit Leichtigkeit zu verbinden.
Ihre Gedanken zu Arbeit, Familie und Führung sind unbequem ehrlich – und genau deshalb befreiend. Denn sie zeigen, dass Vereinbarkeit nichts mit Perfektion zu tun hat, sondern mit Haltung.
Am Ende bleibt das Gefühl, dass diese Frau, die schon in 15.000 Metern Höhe über der Erde geflogen ist, heute vor allem eines tut: uns helfen, den Blick wieder zu erden.
Und wer ihr zuhört, merkt schnell – echte Vereinbarkeit beginnt nicht mit einem neuen Zeitplan, sondern mit einer neuen Perspektive.
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