Diversity ist ein gesellschaftspolitisches und organisatorisches Konzept, das die Vielfalt der Menschen als Ressource für Wandel und Fortschritt sieht.¹
Zentrale Ziele von Diversity sind Abbau von Diskriminierungen und Förderung von Chancengleichheit und Inklusion.² Diversity ist somit der Gegenentwurf zu strukturellen Hierarchiegefällen zwischen Individuen oder Gruppen aufgrund von Identitätsmerkmalen wie beispielsweise Geschlecht, Alter, ethnischer oder sozialer Herkunft.
Die Ziele von Diversity umfassen vor allem:
Diversity Definition⁴: Die Wertschätzung menschlicher Vielfalt
Abgeleitet vom lateinischen Wort diversitas (im Ursprung übersetzt als „Verschiedenheit”, „Unterschied” oder „Gegensatz”) steht Diversity heute meist für „Vielfalt” der Identitäten innerhalb einer Gesellschaft oder Gruppe.
Politisch wurzelt Diversity als Konzept in der US-amerikanischen Bürger*innenrechtsbewegung der 1950er bis 1970er Jahre, die sich vor allem gegen rassistische Diskriminierung sowie gegen Diskriminierung auf Grund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung richtete. Inzwischen ist der Diversity-Ansatz fester Bestandteil vieler theoretischer Diskurse, politischer Richtlinien und wirtschaftlichen Strategien, die auf Herstellung von Chancengleichheit und Inklusion abzielen.
In Deutschland sind Diversity Studies selten ein eigenständiges Forschungsgebiet, sondern viel mehr eine interdisziplinäre Forschungsrichtung.⁵ Hier begegnet dir häufiger der Terminus „Diversität”.⁶
Als (Kern)Dimensionen von Diversity werden in Deutschland entsprechend des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 GG⁸ vor allem
gefasst.
Darüber hinaus ergeben sich je nach Anwendungsbereich weitere Diversity-Dimensionen wie beispielsweise soziale Herkunft, Bildungsweg, Einkommen, Familienstand, Elternschaft und vieles mehr.
Es ist davon auszugehen, dass jeder Mensch verschiedene Diversity-Dimensionen in sich vereint. Dabei genügt es nicht, die verschiedenen Dimensionen einzeln zu betrachten. Vielmehr ist deren Verknüpfung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene wichtig. Hier trifft das Konzept von Diversity auf den Intersektionalismus und seinen Hinweis auf wechselwirkende Diskriminierungen.⁹
Diversity ist im Idealfall der integrierende Gegenentwurf zu Ausgrenzung, Diskriminierung und struktureller Benachteiligung.¹⁰ Die Zielsetzung von Diversity in politischen Institutionen oder Wirtschaft kann so die Chance auf gleichberechtigte Entfaltung des eigenen Lebensentwurfs erhöhen. Zudem bieten Diversity-Ansätze auf Makro- oder Mikroebene die Möglichkeit, inklusivere und somit neue Lösungen für altbekannte Probleme zu finden.
Demokratie braucht einen Wettbewerb unterschiedlicher Ideen, um zu gedeihen. Sie soll unterschiedlichen Menschen und Meinungen ermöglichen, die Macht entlang individueller Interessen zu teilen. Diversity ist somit eine wichtige Säule im demokratischen Fundament.¹¹ Das gerne vom demokratiefeindlichen Lager bemühte Argument, eine zu große Vielfalt unterwandere den angestrebten Konsens (siehe beispielsweise „Gender-Ideologie”), ist nicht nur falsch, sondern auch gefährlich. Die gesellschaftliche Vielfalt ist wichtig und nicht das Problem. Sondern bestimmte Strukturen, in denen sich vielfältige Positionen nicht auf Augenhöhe gegenüber stehen.
Diversity ist kein festgesetzter Rechtsbegriff. Trotzdem findet sich die im Diversity-Ansatz enthaltene Wertschätzung der Vielfalt menschlicher Identitäten vor allem in den Diskriminierungsverboten, bzw. Gleichbehandlungsgeboten. Diese finden sich für Deutschland sowohl auf Ebene der Länder, des Bundes und der Europäischen Union gesetzlich definiert.¹²
Diversity-Kompetenz ist ein Bündel von Kompetenzen, das sich auf den Umgang mit Gemeinsamkeiten und Unterschiedlichkeiten von Individuen bezieht. Hierzu gehört auch das gezielte Unterlassen und Unterbinden von diskriminierendem Verhalten. Sie ist keine politische Haltung. Sie beinhaltet neben hoher Selbstreflexion (Hallo, Anti-Bias-Training!) ein hohes Maß an Entscheidungs-, Handlungs-, sowie sozialer Kompetenz, um diese Qualitäten im Diversity-Management umzusetzen.¹³ Diversity-Kompetenz erlaubt zudem, Analysen zu Gruppensituationen, Teamstrukturen, Denksystemen, Organisations- oder Institutionsgefügen durchzuführen.
Diversity Management ist ein Teilbereich des Personalmanagements und zielt darauf ab, die Vielfalt der Mitarbeitenden zum Vorteil für das Unternehmen zu nutzen.¹⁴ Die Herausforderungen beim Aufbau einer repräsentativen Belegschaft und einer inklusiven Unternehmenskultur sind zwar komplex, aber nicht unüberwindbar. Wer Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Inklusion am Arbeitsplatz realistisch implementieren will, sollte die Verantwortung für das Diversity-Management in der Führungsebene ansiedeln und auf hohe Diversity-Kompetenz als Future Skill bei der Einstellung setzen.
Je nach der konkreten Zielsetzung eines Unternehmens lassen sich grundlegend drei verschiedene Ansätze des Diversity Managements unterscheiden:
Viele punktuelle Einzelmaßnahmen, aber wenig nachhaltige Entwicklungen: So lautet das Fazit des „German Diversity Monitor 2021“, den die bundesweite Initiative Beyond Gender Agenda aufgelegt hat.¹⁶ 160 börsennotierte Unternehmen, darunter auch die Dax-40-Unternehmen wurden nach sechs Diversitätskriterien durchleuchtet. Die Studienergebnisse stehen in einem deutlichen Widerspruch zu den Bekundungen vieler Unternehmen, die Vielfalt in den Belegschaften und vor allem in den Führungsetagen zu erhöhen. Deutlich sticht die „offensichtliche Chancenungerechtigkeit für Menschen mit Behinderungen, anderen Geschlechts, Alters, sexueller Orientierung und Identität sowie kultureller und sozialer Herkunft” als „Deutsches Diversitätsdilemma”¹⁷ heraus. Nur 26 Prozent der befragten Unternehmen siedelten in 2021 die verantwortliche Person für Diversity im Vorstand oder in der Geschäftsführung an.
Vielfalt (Diversity), Gerechtigkeit (Equity) & Inklusion (Inclusion) steht als Unternehmensstrategie dem Prinzip der “One-Size-Fits-All“-Lösungen entgegen. Mit gezielten Maßnahmen soll ein gleichermaßen privilegiertes Arbeitsumfeld mit gleichen Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten für Menschen verschiedener Identitäten geschaffen werden.¹⁸ Damit DE & I überhaupt gelebt wird, müssen Gründer*innen und Entscheider*innen Verantwortung übernehmen. Sie müssen einen Nährboden für eine unternehmensweite Beteiligung und Unterstützung der Themen Vielfalt, Gleichheit und Inklusion schaffen.
Eine wirtschaftliche Faustregel lautet: Je diverser, desto erfolgreicher. In 2020 legt McKinsey die Studie „Diversity wins – How Inclusion matters“¹⁹ vor. Das Ergebnis: Unternehmen mit hoher Genderdiversität innerhalb der Führungsebene haben eine um 25 Prozent und damit signifikant größere Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich profitabel zu sein. Betrachtet man den Faktor der ethnischen Diversität (Internationalität des Top-Managements), so liegt dieser Wert laut Studie sogar bei 36 Prozent.
Neben Faktoren wie Gehalt oder Weiterbildungsmöglichkeiten wird es für Menschen zunehmend wichtiger, in einem diversen Arbeitsumfeld zu arbeiten. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie mit 11.000 Befragten der Online-Jobplattform StepStone und Handelsblatt Media Group aus 2020.²⁰ Dabei geben 77 Prozent aller Befragten an, sich eher bei einem Unternehmen zu bewerben, das genau diese Vielfalt lebt. 78 Prozent sagen ausdrücklich, dass sie gern in einem diversen Umfeld arbeiten möchten. Vier von zehn Befragten würden sogar ein geringeres Gehalt akzeptieren, um dafür in einem vielfältigen Unternehmen arbeiten zu können. Für Zweidrittel wäre Diskriminierung beim Arbeitgeber definitiv ein Kündigungsgrund.
Unternehmerische Entscheidungen laufen wesentlich besser, wenn ein diverses Team am Tisch nach Lösungen sucht. Insbesondere vermeidet man dadurch, dass sich eine homogene Gruppe auf altbewährte Lösungen mit wenig Innovationskraft verständigt (Hallo, Confirmation Bias!), Intransparenz herrscht und Entscheidungen schlicht nicht hinterfragt werden. Homogene Führungsteams haben es schwerer, die richtigen Antworten auf disruptive Veränderungen zu finden. Weil sie eben nur EINEN als richtig befundenen Blickwinkel auf die Herausforderung zur Auswahl haben.
¹ https://www.hm.edu/allgemein/hochschule_muenchen/familie_gender/diversity/definition.de.html
² https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/_migrated/tx_commerce/Diversity_Kompetenz_Eine_Schluesselqualifikation_f_Rechtsreferendarinnen_und_Rechtsreferendare.pdf; https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/diversity-123254
³ https://utopia.de/ratgeber/diversity-was-ist-damit-eigentlich-gemeint/
⁴ https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/_migrated/tx_commerce/Diversity_Kompetenz_Eine_Schluesselqualifikation_f_Rechtsreferendarinnen_und_Rechtsreferendare.pdf; https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/diversity-123254; https://utopia.de/ratgeber/diversity-was-ist-damit-eigentlich-gemeint/
⁶ https://de.wikipedia.org/wiki/Diversit%C3%A4t_(Soziologie)
⁷ https://utopia.de/ratgeber/diversity-was-ist-damit-eigentlich-gemeint/
⁸ https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_3.html
¹⁰ https://www.ewdv-diversity.de/diversity/diversity-was-ist-das/
¹¹ https://www.futurity.org/democracy-diversity-1862262/
¹³ https://erwachsenenbildung.at/themen/diversitymanagement/grundlagen/divkompetenz.php
¹⁴ https://softgarden.com/de/ressourcen/glossar/diversity-management/
¹⁵ https://softgarden.com/de/ressourcen/glossar/diversity-management/
¹⁷ https://beyondgenderagenda.com/german-diversity-monitor/#german-diversity-monitor
¹⁸ https://www.ywboston.org/2019/03/beyond-the-acronym-dei/
¹⁹ https://www.mckinsey.de/news/presse/2020-05-19-diversity-wins